Das Entwicklungsrad ist ein Instrument, um organisationale Entwicklungs-Prozesse zu initiieren, durchzuführen und nachhaltig zu gestalten.
Das Rad besteht aus den vier Bereichen Mensch, Kultur, Rahmen und Struktur, denen jeweils drei Themen zugeordnet sind.
Das Zusammenwirken aller vier Bereiche ermöglicht eine nachhaltige Veränderung, statt einer Einzelaktion, die wie ein heißer Tropfen auf den Stein wirkt und schnell wieder verdampft. Das Durchlaufen der einzelnen Bereiche zur Standortbestimmung und zum regelmäßigen Update, wo und wie das Unternehmen dasteht, führt zu einer wirksamen Transformation.
All die Bereiche sind für ein moderne Organisation unabdingbar, ganz egal, wie groß das Unternehmen ist. Je nach Branche und Geschäftsmodell können die Unterpunkte ausdifferenziert werden.
Den Überblick zu behalten ist Chefsache, ebenso, wie den Blick aufs Ganze zu haben.
Die Verwendung des Begriffs Chefsache kann hier irreführend sein. Es bedeutet nicht, dass der oder die Chefs alles selbst machen sollen. Die Ausführung der einzelnen Aktionen kann und muss delegiert werden, bzw. die Verantwortung übertragen werden. Die Entscheider in einer Organisation sind für das gesamtheitliche Betrachten der einzelnen Bereiche verantwortlich.
Die Chefsache bezieht sich auf die Wichtigkeit der einzelnen Themen. Die Zusammenarbeit der Teams (Mensch) ist genauso wichtig, wie die Ergonomie in der Fertigung und am PC (Rahmen). Die Überlegung, welche Probleme das Unternehmen löst und somit zur Wertschöpfung am Markt beiträgt (Struktur) ist gleichwertig, wie die Resilienz des Einzelnen und der gesamten Organisation (Kultur).
Alle vier Bereiche stehen in unmittelbarer Wechselwirkung miteinander.
Aber Vorsicht! Dies ist nicht das ultimative Framework, Modell oder Konzept, das bei Anwendung jeder Organisation den sicheren Erfolg oder die gewünschte Veränderung bringt.
Das Entwicklungsrad ist eher als Landkarte zu betrachten, die Orientierung gibt. Sind wir vor Ort und in der Situation, sieht bei Licht betrachtet, die Wirklichkeit vielleicht etwas anders aus und es braucht die Offenheit, um situative Aktualisierungen vorzunehmen. Denn ein zentrales Merkmal einer Landkarte ist nun mal, dass sie stets viel kleiner gezeigt wird, als das Gebiet in Wirklichkeit ist. Der Wert einer Landkarte liegt darin, dass wir auf einen Blick ein großes Gebiet erfassen und aus der Vogelperspektive draufschauen können. Es ist allerdings nur eine Draufsicht und ohne Orientierungssinn, die Übertragung in die aktuelle Welt und das Wissen, wie man die Karte und eventuelle Hilfsmittel, beispielsweise einen Kompass, benutzt, verliert sie an Wert.
Das Entwicklungsrad stellt somit ein Instrument dar, das eine Übersicht ermöglicht und weitergereicht werden kann, damit wir einen Ansatzpunkt haben und miteinander in einen aktiven und belebenden Austausch treten können.
Der Mensch
Menschen sind die wichtigste Ressource von Unternehmen, die sich mit ihrer Leistung in der Organisation einbringen und dafür einen finanziellen Ausgleich erhalten. Sie passen sich der Kultur des Unternehmens an. Stellen Führungskräfte oder Geschäftsleiter ein, in ihren Augen unangemessenes Verhalten ihrer Teams oder einzelner Mitglieder ihrer Organisation fest, dürfen sie ihre eigene Unternehmenskultur hinterfragen, statt zu meinen, an den Mitarbeitern „herumschrauben“ zu müssen.
Mitgestalter
Mitgestalter fühlen sich mitverantwortlich und zeigen kooperatives Verhalten. Sie bringen sich mit Ihren Ideen und Kompetenzen ein oder sind echte Könner, die eine freiwillige Gefolgschaft inspirieren. Sie können Ihre Kernkompetenzen bewusst einsetzen, was sie auch wollen und sollen. Mitgestalter sind autorisiert, Verantwortung zu übernehmen und erleben psychologische Sicherheit, die sie zum Agieren befähigt.
Wir können uns für das eigene Unternehmen fragen: sind unsere Mitgestalter autorisiert, Verantwortung zu übernehmen? Wie steht es in diesem Sinne um die psychologische Sicherheit im Unternehmen?
Teams
Bei der Betrachtung der Teams ist es uns möglich zu erörtern, welche Form der Zusammenarbeit im Unternehmen gewählt wurde und wie gut nun dieses Teamwork läuft. In erfolgreichen Teams verfügen die Mitglieder über unterschiedliche, sich ergänzende Kompetenzen. Teams, die sich kooperativ verhalten, können sowohl in Präsenz als auch virtuell problemlösend zusammenarbeiten. Es herrscht eine Form von psychologischer Sicherheit, die es den Mitgliedern ermöglicht sich zu öffnen und auch mal zwischenmenschliche Risiken einzugehen. Dazu gehört bspw. Kritik zu äußern oder eine komplett gegensätzliche Meinung zu formulieren.
In diesem Kontext können wir hinterfragen, inwieweit unser Team konstruktiv mit Schwierigkeiten umgeht? Wird sich in der Gruppe gegenseitig geholfen und besteht ein resilientes Team, das an einer Krise wachsen kann?
Führung/Steuerung
Je nach Art des Unternehmens und den Problemen, die gelöst werden möchten, ergeben unterschiedliche Formen der Führung Sinn. Wichtig ist, dass die gewählte Form und die Unternehmensstruktur zusammenpassen.
Führung sollte eine bewusste Entscheidung sein. Häufig werden fachlich gute Mitarbeiter befördert. Diese sind auf ihrem Gebiet Profis, was sie jedoch nicht automatisch zur Erledigung ihrer Aufgaben als Führungskraft befähigt. Sie können diese Aufgabe nur so gut erledigen, wie sie eben im Stande sind. Denn meistens möchten sie vor allem ihre fachliche Arbeit verrichten und nicht unbedingt Mitarbeiter führen. Leider ist dies jedoch häufig der einzige Weg, um auf der Karriereleiter weiterzukommen.
Führung ist eine Kompetenz und kein Nebenjob. Führungsfähigkeiten können wir erlernen und auch in die Führungsverantwortung hineinwachsen. Führung von Mitarbeitern setzt eine gute Selbstführung voraus. Je nach Kompetenz und Aufgabe kann die Führungsperson wechseln.
In diesem Zusammenhang können wir unser Unternehmen beleuchten: besteht eine ermächtigende Form von Führung, bei der sich Mitgestalter einbringen und mitwirken können? Findet eine Form von Steuerung durch Macht mittels Regeln und Kontrolle statt? Passt die Führungsform zur Unternehmensstruktur?
Die Kultur
Die Kultur ist all das, was wir beobachten und nur indirekt beeinflussen können. Durch das Beobachten der Kultur können wir Merkmale für mögliche Hebel entdecken, um die Organisation weiterzuentwickeln. Die Auswirkungen sind nicht vorhersehbar. Kulturmuster sind die ungeschriebenen Gesetze eines Unternehmens.
Resilienz
Je nach Blickwinkel unterscheiden wir in Einzel-, Team- und Organisationsresilienz. Wenn wir unseren Blick auf die Unternehmensebene richten, können wir sagen, dass die organisationale Resilienz die Fähigkeit von Organisationen ist, in disruptiven Verhältnissen nicht nur zu überleben, sondern daraus gestärkt hervorzugehen.
Daher können wir beobachten, inwieweit unser Unternehmen anpassungsfähig auf neue Strömungen und Entwicklungen am Markt reagiert? Ist die gesamte Organisation gestärkt aus einer Krise hervorgegangen? Werden Symptome als Frühwarnzeichen erkannt und auch frühzeitig darauf reagiert?
Kommunikation
Beim Betrachten des Kommunikationsverhaltens ist es möglich, verschiedene Interaktionen und Kommunikationsmuster zu entdecken, wobei hier noch zusätzlich zwischen diversen, internen Kommunikationsräumen differenziert werden kann. Die Gespräche auf der „Vorderbühne“ finden bspw. in Meetings statt. Die Auswertung und weitere Besprechungen – die Gespräche auf der „Hinterbühne“ – erreichen anschließend die Kaffeeküche und werden dort weiter ausgebreitet.
Im angesprochenen Kontext können wir tiefer in unsere Organisation hineinschauen und uns bewusst machen, wie Kommunikation tatsächlich praktiziert wird. Gehört es zur Kommunikationskultur auch nach Missverständnissen Ausschau zu halten, um dann daraus zu lernen, wie es in Zukunft besser gehen kann? Wie offen und klar kommunizieren wir miteinander und werden auch unbequeme Themen frühzeitig angesprochen?
Verwenden wir einladende Sprachmuster, die ein kooperatives Verhalten fördern?
Entscheidungsformen
Im Unternehmensalltag werden fortwährend Entscheidungen getroffen, die Teil der Kommunikationsprozesse sind. Sind in einem Unternehmen die entscheidbaren Entscheidungsprämissen so ausgerichtet, dass sie die wertschöpfende Arbeit optimal unterstützen, kann sich eine Kultur entwickeln, die als angenehm empfunden wird.
Vereinbarte Prinzipien können als Entscheidungsgrundlage dienen, sodass Mitgestalter in der Lage sind Entscheidungen eigenständig zu treffen. Im besten Falle werden unterschiedliche Entscheidungsverfahren je nach Problemstellung ausgewählt.
Wir können uns fragen, ob durch die Art, wie Entscheidungen getroffen werden, Unsicherheiten im Unternehmen eher aufgelöst oder verstärkt werden? Wird besprochen, wie man zu einer Entscheidung kommen möchte? Werden unterschiedliche Formen der Entscheidungsfindung, je nach Problemstellung, praktiziert?
Der Rahmen
Die Rahmenbedingungen sind die Räume, innerhalb derer Entwicklung stattfinden kann. Sie sind der Nährboden, auf dem Menschen in Unternehmen erblühen können.
Gesundheit
Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Im besten Falle unterstützt die Umgebung, in diesem Falle der Arbeitsplatz, die Menschen ihr gesundheitliches Potenzial zu verstärken und sich sozusagen gesund arbeiten zu können. Stressoren im Arbeitsumfeld, wie häufige Unterbrechungen, zu hohes Arbeitsaufkommen, Termindruck und Hetze sowie Informationsüberflutung können bei Menschen Stresserleben auslösen und sich schädlich auf die Gesunderhaltung auswirken.
Bei näherer Betrachtung kann herausgearbeitet werden, was das Unternehmen für die Menschen, die in ihm arbeiten, unternimmt, um deren Gesundheit zu erhalten und im besten Falle sogar aufblühen zu lassen. Wie hoch ist die Anzahl der Stressoren im Unternehmen und gibt es Bestrebungen diese zu verringern? Erhalten Menschen Unterstützung, wenn sie ihren Umgang mit Stress konstruktiver gestalten wollen?
Digitalität
n allen Firmen hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Sei es auch bloß, um in einem Handwerksbetrieb Rechnungen zu schreiben. Digitalität steht für das Zusammenwirken von digitalen und analogen Wirklichkeiten. Eine digital-analoge Balance ist die Weiterentwicklung der bisherigen Digitalisierung, die den Technik-Aspekt überbetonte. Da immer analoge Menschen vor den Computern sitzen, braucht es eine Begegnung und Gestaltung auf Augenhöhe.
Auch hier lohnt ein genauerer Blick, um herauszufinden, wie es um die Digitalität im Unternehmen bestellt ist. Werden digitale Chancen und analoge Potenziale gleichermaßen genutzt?
Ergonomie
Im Unternehmensalltag werden fortwährend Entscheidungen getroffen, die Teil der Kommunikationsprozesse sind. Sind in einem Unternehmen die entscheidbaren Entscheidungsprämissen so ausgerichtet, dass sie die wertschöpfende Arbeit optimal unterstützen, kann sich eine Kultur entwickeln, die als angenehm empfunden wird.
Vereinbarte Prinzipien können als Entscheidungsgrundlage dienen, sodass Mitgestalter in der Lage sind Entscheidungen eigenständig zu treffen. Im besten Falle werden unterschiedliche Entscheidungsverfahren je nach Problemstellung ausgewählt.
Wir können uns fragen, ob durch die Art, wie Entscheidungen getroffen werden, Unsicherheiten im Unternehmen eher aufgelöst oder verstärkt werden? Wird besprochen, wie man zu einer Entscheidung kommen möchte? Werden unterschiedliche Formen der Entscheidungsfindung, je nach Problemstellung, praktiziert?
Die Struktur
Als Struktur bezeichnen wir die innere Ordnung eines Systems. Struktur schafft Zuverlässigkeit und lässt Vertrauen entstehen: in Menschen, Organisationen und das Leben an sich. Strukturelle Veränderungen sind am schnellsten wirksam in Transformationsprozessen, führen weg von unnötigem Businesstheater und hin zum Erleben von Selbstwirksamkeit und dem Lösen von Problemen.
Es ist unerlässlich zu schauen, wo innere Unordnung im System herrscht und herauszufinden, wie dort am besten aufgeräumt werden kann.
Strategie/Prinzipien
Strategien ermöglichen ein Handeln in dynamischen Zeiten, wenn ein Abarbeiten von Plänen nicht mehr greift. Strategien lassen sich in Form von Prinzipien zum Ausdruck bringen. Die benannten Prinzipien ermöglichen ein Handeln ohne Fragen stellen zu müssen, wenn wir uns in unbekanntem Gebiet befinden. Zur Strategieentwicklung kann das bestehende Wissen genutzt werden, um den passenden Weg während der Fortbewegung zu finden.
In diesem Zusammenhang können wir betrachten, inwieweit unsere Lösungsstrategien geeignet sind, um die zu bewältigenden Probleme zu lösen?
Schaffen die Prinzipien Klarheit und sind sie allgemein verständlich formuliert, sodass sie Orientierung geben? Wird die Strategie überall im Unternehmen akzeptiert? Wird gemeinsam darüber diskutiert, ob Projekte Strategie konform sind?
Wertschöpfung für Markt
Jedes Unternehmen ist ein System, das externe Probleme löst. Ziel dabei ist es, mehr Geld einzunehmen als auszugeben. Ein dynamischer Markt erfordert, dass die Probleme des Kunden im möglichst direkten Kontakt vom Unternehmen gelöst werden.
Wie verhält sich das in unserem Unternehmen? Werden Handlungen und Entscheidungen an externen Referenzen ausgerichtet? Sind die Kunden mit der Problemlösung zufrieden und zahlen gerne den Preis? Tragen die Mitarbeiter mit ihrem Tun direkt zur Wertschöpfung bei, oder werden sie mit internen Prozessabläufen beschäftigt gehalten?
Kompetenzen
Kompetenz setzt sich immer aus Wissen und Können zusammen. Sie ist die Einheit dieser beiden Faktoren und führt zu wahrer Könnerschaft von Individuen.
Hinsichtlich der Kompetenzen im Unternehmen gilt es zwischen Kernkompetenzen und Schalenkompetenzen zu unterscheiden. Schalenkompetenzen sind universeller Natur. Diese können auch in anderen Organisationen vorhanden sein. Hingegen sind Kernkompetenzen Alleinstellungsmerkmale, die Organisationen voneinander abheben.
Beim Blick ins Unternehmen können wir fragen: gibt es wahre Könner in der Organisation, die sich auch entfalten dürfen? Wird die Hauptenergie in die Entwicklung von Kernkompetenzen gegeben?
Das Entwicklungsrad ist ein Rad, das sich dreht
Ein Rad steht für Bewegung, für das Vorwärtsrollen und die Fortbewegung, die möglich ist. Durchlaufen wir die einzelnen Bereiche, mit den entsprechenden Themen, in regelmäßigen Abständen, dann ist die Vorwärtsbewegung des Unternehmens unausweichlich.
Damit sich das Rad dreht, benötigt es Energie. Sei dies menschliche Energie, weil jemand in die Pedale tritt oder Energie in Form von Benzin oder einem anderen Kraftstoff.
Für den Gebrauch des Entwicklungsrades in Organisationen ist es unerlässlich, dass Vereinbarungen getroffen werden, die den Blick auf die Landkarte strukturieren und abstecken. Dafür braucht es Menschen, die das Instrument regelmäßig ins Spiel bringen und immer wieder darauf aufmerksam machen.
Es folgt ein erster möglicher Schritt, wie das Entwicklungsrad genutzt werden kann.
Probier's mal aus
Mache eine Bestandsaufnahme deines Unternehmens, in welchem du tätig bist oder in der Geschäftsführung Verantwortung innehast oder in dem du als Solo-Selbstständiger das gesamte Spektrum abdecken darfst.
Schau dir alle vorher besprochenen 12 Themen an. Lasse den Text und besonders die Fragen auf dich wirken und bewerte sie nach dem Ampelsystem mit roten, grünen oder gelben Punkten.
Rot bedeutet: Hier liegt einiges im Argen, womit sich schon lange nicht mehr oder noch nie beschäftigt wurde.
Gelb bedeutet: Wir haben uns schon mal damit beschäftigt, aber kein zufriedenstellendes Ergebnis erlangt.
Grün bedeutet: Diesem Thema haben wir uns intensiv gewidmet und sind mit dem Ergebnis zufrieden.
Wenn es weniger grüne und mehr gelbe und rote Punkte auf deinem Entwicklungsrad gibt, dann kannst du dir die Frage stellen, wo du am besten beginnen solltest.
Da sich alles in Wechselwirkung miteinander befindet, kann an einer beliebigen Stelle begonnen und dann die Auswirkung betrachtet werden, bevor über die nächsten Schritte entschieden wird.
Generell können wir aber auch sagen, dass es geschickt ist, mit einer strukturellen Intervention zu beginnen, da die Menschen sich den Strukturen anpassen und die Kultur immer ein Abbild dessen ist, wie Menschen und Strukturen aufeinander wirken. Als Basis braucht es natürlich entsprechende Rahmenbedingungen.